Probefahrt Honda TransAlp XL750

First things first
Um es gleich vorweg zu nehmen: Ihr werdet hier eine kritische Betrachtungsweise zur Honda TransAlp XL750 zu lesen bekommen. Lobhuddelei findet ihr im Netz und in Zeitschriften genug.
Nur zur Info am Rande. Ich habe selbst schon 2 TransAlp besessen und einige tausend Kilometer damit gefahren.
Kommt ein neues Motorrad auf den Markt, werden namhafte Redakteure von Internetportalen und Zeitschriften zur Probefahrt eingeladen. (Natürlich im warmen Ausland, natürlich zur bei uns kalten Jahreszeit) Diese haben dann ein tolles Wochenende und tolle Erlebnisse. Das ist weit weg von der Realität.
Ist alles so schön bunt hier…
Nina Hagen
Kritische Bemerkungen zu den Motorrädern liest man vielleicht noch in einem Nebensatz.
Ich befasse mich eher kritisch mit diesem Thema. Ich suche nach den Schwachstellen. So auch hier. Bei einer Probefahrt habe ich eine Liste im Kopf, die ich versuche abzuarbeiten. Nach der Fahrt fasse ich mir meine Eindrücke in Stichpunkte zusammen, damit ich Tage später einen Bericht schreiben kann.
Aber jetzt geht es los…
Die Probefahrt
SW Motech „Open House” im Juni 2023. Gleich am Samstag um 9 Uhr war ich am Stand von Honda um eine Probefahrt mit der neuen Honda TransAlp zu buchen. Ich war mir nicht wirklich sicher, ob es möglich war mich vor Ort anzumelden, da andere Hersteller eine Online- Buchung verlangten. Aber alles ganz easy. Fünf Minuten später hatte ich meine Daten abgegeben und eine Probefahrt für um 10 Uhr sicher. Auch wie im letzten Jahr (bei Touratech) führt bei Honda die Probefahrten ein Guide an. Das hat den Vorteil, dass man sich nicht darauf konzentrieren muss zum richtigen Zeitpunkt das Bike wieder abzugeben. Man fährt einfach dem Herren mit der Honda Weste nach. So nach dem Motto: Der kennt sich schon aus.
Übrigens kochen hier alle Aussteller ihr eigenes Süppchen. Mal mit, mal ohne Scout. Mal muss man den Perso abgeben, bei anderen nicht.
Meine Eindrücke während der Fahrt
Also: Helm auf und los geht´s. Erster Eindruck: Es ist eine Honda. Das hört sich bei Fahrern anderer Marken vielleicht komisch an. Für mich ist es so: Ich fahre schon immer Honda. Setzte ich mich nun auf eine andere Honda, fühle ich mich gleich wie zu Hause.
In einer Gruppe ist es leider nicht möglich so zu fahren, dass man alle Situationen testen kann, die man gerne testen möchte. Was ich aber sagen kann: Das Motorrad fühlt sich leicht an, aber nicht so leicht wie ich es erwartet habe. Die 30kg weniger als bei meiner Africa Twin sind nicht wirklich zu spüren. Der rote Bereich des Motors fängt bei rund 9500 U/min an. Bei der Geschwindigkeit von 100km/h liegen ca. 4000 U/min an. Zwischen 3000 und 4000 Umdrehungen spürt man Vibrationen an den Händen und Füßen. Nicht wirklich stark wie an einem Einzylinder, aber dennoch spürbar. Das ist also in dem Umdrehungsbereich in dem man beim Cruisen unterwegs ist. Beschleunigen von 80km/h auf 120km/h im 6. Gang ist sinnlos. Man merkt gleich, dass das dem Motor nicht gefällt. Über 6000 U/min will das Aggregat erst so richtig arbeiten.
Mein Oberkörper liegt im windstillen Bereich. Der Schild meines Endurohelms befindet sich im vollem Luftstrom. Ich spüre bei Geschwindigkeiten unter 120km/h keine Verwirblungen am Helm. Mit meinen 1,73m ist der Windschild der Transe in der richtigen Größe. Ein Forkshild wird nach meiner Meinung nicht benötigt. (Wäre auch nicht so einfach eins anzubringen).
Ich fahre in die erste ernstzunehmende Kurve. Das Motorrad lässt sich leicht in Schräglage bringen. Aber dann muss ich fast schon Kraft aufwenden, es noch weiter nach unten zu drücken. Es kommt mir so vor, als ob ich gegen ein Gummiband ankämpfen muss.
Beim Bremsen in der Kurve musste ich Verstörendes feststellen: Das Vorderrad möchte sich aufstellen, das Hinterrad aber in Schräglage bleiben. (Schlechte Dämpferabstimmung?)
Leider sind die 30 Minuten, die bei einer solchen Probefahrt zur Verfügung stehen viel zu wenig um das Motorrad richtig kennen zu lernen. Aber wie immer: Der erste Eindruck zählt.
Und mein erster Eindruck: Na ja. Ok, aber…
Wer mehr über die neue Honda TransAlp erfahren möchte, kann dies gerne in einem gesonderten Beitrag nachlesen. (Klick)
Die Unterschiede der TransAlp XL750 zur Africa Twin CRF1100 in Detailbildern
Gepäck


Hier geht der Punkt eindeutig an die TransAlp. Der Blick von oben zeigt nach hinten Ösen, durch die ein Zurrband geführt werden kann. Seitlich zu sehen sind Haken, die ein Verrutschen des Zurrbandes verhindern.


Bei der Africa Twin CRF1100 gibt es keine Hilfsmittel ein Zugband ordentlich zu führen.
(Bei der CRF1000 (Standard Version) sind hier noch nach unten auf jeder Seite 2 Haken zu sehen. Der Gepäckträger ist hier allerdings aus Kunststoff.)
Vorderrad / Bremse
Gang – Fußbremshebel
In fast allen hier gezeigten Punkten sieht man, dass es Honda wichtig war, ein Motorrad um 10000€ anbieten zu können. Der Käufer muss ganz klar Abstriche in der Ausstattung und den Materialien machen. Einzig die Möglichkeit eine Gepäckrolle festzuzurren wurde besser als bei der AT gelöst.
Fazit
Die Honda TransAlp XL750 ist ein günstiges „Brot und Butter Motorrad“. Für etwas über 10000€ wird sie bestimmt ihre Fangemeinde finden.
ABER: Sollte man mehr mit dem Motorrad vorhaben, als an Werktagen zur Arbeit zu fahren, oder am Wochenende alleine, ohne Gepäck eine Tour zu machen, kommt man nicht umhin mehr Geld auszugeben.
Ausstattung:
Um das Motorrad günstig anzubieten wurde von seiten Honda auf vieles verzichtet:
- Kein Motorschutz (und der gehört alleine schon wegen des tief liegenden Krümmers dran).
- Keine Handprotektoren.
- Kein Quickshifer (ich könnte bei einer Reiseenduro darauf verzichten, andere nicht)
- Keine Sturzbügel
Sinn macht es hier über das Adventure-Paket (975€) und das Rallye-Paket (1234,99€) nachzudenken
Natürlich benötigt man dann zum Reisen noch ein Koffer- oder Packtaschensystem. (Egal welches Bike man sich kauft, das kommt beim Reisen immer hinzu)
Fahrwerk:
Federvorspannung hinten nur mit Hakenschlüssel einstellbar.
Vorn Federvorspannung einstellbar.
Dämpfer vorn und hinten nicht einstellbar.
Wenn ihr nun mit wechselnder Beladung fahren wollt (Tour mit Sozia, Tour mit Gepäck, Tour mit Sozia und Gepäck) kommt ihr nicht umhin die Federvorspannung auf das Gewicht anzupassen. Auf das Gefummel mit einem Hakenschlüssel würde ich verzichten wollen.
Hier solltet ihr euch überlegen ein anderes, voll einstellbares Fahrwerk einzubauen.
Ergonomie:
Der Kniewinkel ist auch trotz meiner kurzen Beine recht spitz.
Obwohl zwischen Gabelbrücke und Lenker (optisch) sehr lange Riser angebaut sind, musste ich mich beim Im-Stehen-Fahren recht weit mit dem Oberkörper nach vorn lehnen.
Über den Auspuff müssen wir nicht reden. Das Ding gehört nicht an eine Enduro PUNKT
Von Seiten von Honda betrachtet
Wir haben den Motor. Den Rahmen der Hornet brauchen wir nur leicht zu verändern. Lass uns günstige Federelemente dranbauen, etwas länger auch und ja, wir nehmen die Räder der Africa Twin. Auspuff: Komm wir nehmen den der Hornet, der liegt hier im Regal rum. Merkt schon keiner.
Alle werden uns feiern, dass es wieder ein Mopped mit dem Namen TransAlp gibt.
Zum Preis
Die Honda Transalp XL750 gibt es ab 10300€
Zum Vergleich die Hornet CB750: 7990€
Zwischen den Motorrädern liegen also 2300€ Unterschied.
Womit ist das zu begründen? Es sind mehr oder weniger die gleichen Motorräder.
Ich kann mir dies nur durch das Marketing erklären.
So günstig ist sie also nicht. Für mein Empfinden ist der Preis noch zu hoch.
Summe:
Die TransAlp ist in meinen Augen ein Straßenmotorrad im leichten Offroad-Outfit.
Als eingefleischter Honda Pilot gebe ich es nur ungern zu: Nein danke. Nicht meine Welt.
Ist GÜNSTIG wirklich GUT, oder nur BILLIG?
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